Nachdem bekannt wurde, dass man den CFO vor die Türe gesetzt hat und intern ermittelt, ist die Aktie von ADM abgestürzt. Vielleicht zu sehr.
Abwärtstrend und erschreckende Enthüllungen
Mit dem Aktienkurs von Archer Daniels Midland geht es bereits seit Mitte vergangenen Jahres abwärts.
Doch am 21. Januar kam es zu einer wahren Hiobsbotschaft. Das Unternehmen gab bekannt, dass man den CFO freigestellt und eine Überprüfung der Buchhaltungspraktiken eingeleitet hatte.
Die Aktie verlor daraufhin weitere 22 %. Seitdem läuft eine Erholung, doch von den einstigen Höchstkursen sind wir weit entfernt.
Im ersten Moment war die Nachricht ein echter Schock und es war schwer einzuordnen, wie tief die Probleme reichen würden.
Gigant in der Lebensmittelverarbeitung und Agrarwirtschaft
Archer Daniels Midland, kurz ADM, ist ein multinationaler Konzern im Bereich Lebensmittelverarbeitung und Agrarwirtschaft.
Das Unternehmen wurde 1902 gegründet und hat sich seitdem zu einem der weltweit führenden Anbieter von Agrarrohstoffen, Lebensmittel- und Futtermitteln entwickelt.
ADM ist in über 160 Ländern tätig und beschäftigt weltweit Tausende von Mitarbeitern. Die Kerngeschäftsbereiche von ADM umfassen die Verarbeitung von Getreide, Ölsaaten, Kakao und anderen landwirtschaftlichen Produkten sowie die Herstellung von Lebensmittelzusatzstoffen, Tierfutter und Bioenergieprodukten.
Das Unternehmen nimmt in der globalen Lieferkette für Lebensmittel und Futtermittel eine wichtige Rolle ein und ist operativ in die drei Segmente Agricultural Services and Oilseeds, Carbohydrade Solutions und Nutrition gegliedert.
Agricultural Services and Oilseeds umfasst weltweite Aktivitäten im Zusammenhang mit der Beschaffung, dem Handel, dem Transport und der Lagerung landwirtschaftlicher Rohstoffe sowie der Verarbeitung von Ölsaaten wie Sojabohnen und weichen Samen wie zum Beispiel Sonnenblumensamen oder Raps zu Pflanzenölen und Proteinkonzentraten.
Zu den von diesem Segment hergestellten und vermarkteten Ölsaatprodukten gehören Zutaten für Lebensmittel, Futtermittel, Energie und Industriekunden.
Carbohydrate Solutions umfasst vor allem die Umwandlung von Mais und Weizen in Produkte und Zutaten, die in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie verwendet werden, darunter Süssungsmittel, Mais- und Weizenstärken, Sirup, Glukose, Weizenmehl und Dextrose.
Das Segment Nutrition umfasst die Herstellung, den Verkauf und die Distribution einer breiten Palette von Zutaten und Lösungen, darunter pflanzliche Proteine, natürliche Aromen, Aromasysteme, natürliche Farbstoffe, Emulgatoren, lösliche Ballaststoffe, Polyole, Hydrokolloide, Probiotika, Präbiotika, Enzyme, pflanzliche Extrakte und andere spezielle Lebensmittel- und Futtermittelzutaten.
Interne Untersuchung und Abschreibungen
Im Geschäftsjahr 2022, also bevor der CFO vor die Türe gesetzt wurde, entfielen auf Agricultural Services and Oilseeds rund 78 % des Umsatzes und 62 % des operativen Ergebnisses. Auf Carbohydrade Solutions entfielen 14 % der Umsätze sowie 22 % des operativen Gewinns und auf Nutrition entfielen 8% der Umsätze und 13% des operativen Gewinns.
Wie gross die einzelnen Geschäftsbereiche sind, wird in dieser Analyse noch eine bedeutende Rolle spielen.
Denn inzwischen ist klar, dass die Untersuchung ausschliesslich die Sparte Animal Nutrition umfassen.
Vor wenigen Tagen hat man die Zahlen zum Schlussquartal vorgelegt und gleichzeitig auch die vorläufigen Ergebnisse der internen Untersuchungen bekannt gegeben.
Demnach sei die Überprüfung weitgehend abgeschlossen („Internal investigation of Animal Nutrition reporting is substantially complete“).
Um die Bücher wieder in Ordnung zu bringen, hat man eine Abschreibung in Höhe von 137 Mio. USD vorgenommen.
Aktienrückkäufe: ADM kämpft um Vertrauen der Anleger
Darüber hinaus hat man Massnahmen ergriffen, um die internen Kontrollen zu verstärken. Doch die scheinen ohnehin zu funktionieren, denn das mögliche Fehlverhalten des CFO wurde schnell erkannt.
Sonst wären weitaus höhere Abschreibungen notwendig gewesen. Für einen Grosskonzern mit 93,9 Mrd. USD Jahresumsatz und einem Gewinn von 3,79 Mrd. USD sind Abschreibungen in Höhe von 137 Mio. USD eine Kleinigkeit.
Derzeit entspricht das 0,4 % des Börsenwerts. Der Abverkauf ist demnach klar übertrieben.
Ein anderer Vergleich zeigt das ebenso. Auf die gesamte Nutrition-Sparte ist 2022 13 % des Gewinns entfallen und auf den von der Untersuchung betroffenen Bereich Animal Nutrition nur 2,6 %.
Dadurch lässt sich ein Abverkauf von 22 % kaum rechtfertigen, denn so ein grosser Teil des Geschäfts steht überhaupt nicht zur Disposition.
Daher hat Archer Daniels Midland die Aktienrückkäufe um 2,0 Mrd. USD aufgestockt und einen beschleunigten Rückkauf über 1,0 Mrd. USD beschlossen.
Insgesamt will man in diesem Jahr für 2,3 Mrd. USD eigene Aktien kaufen, bei einem Börsenwert von 31,9 Mrd. USD sind die Buybacks substanziell.
Ausblick und Bewertung
Sollten keine weiteren Ungereimtheiten bei Archer Daniels Midland entdeckt werden, könnte die Bewertung zeitnah wieder auf ein für das Unternehmen übliches Niveau steigen.
In den letzten fünf Jahren lag die P/E durchschnittlich bei 14,1 und für 2024 stellt das Unternehmen einen Gewinn in Höhe von 5,25 – 5,75 USD je Aktie in Aussicht.
Um diese Bewertungslücke zu schliessen, müsste der Kurs auf 74,02 – 81,07 USD steigen.
Darüber hinaus ist anzunehmen, dass Archer Daniels nach den jüngsten Vorfällen einen konservativen Ausblick vorgelegt hat. Weitere Probleme und Verfehlungen will man sich bestimmt ersparen.
Der Trade ist sicherlich nicht für jedermann geeignet. Aber gerade, weil die wenigsten Anleger in so einer Situation einsteigen wollen, ist Potenzial vorhanden.
Die einzig greifbare Gefahr geht von den Aufsichtsbehörden aus, die durch die Vorfälle auf den Plan gerufen wurden und das Unternehmen jetzt genaustens durchleuchten.
Werden in den kommenden 2-3 Monaten keine weiteren Vorwürfe laut, sollte es mit den Kursen spürbar aufwärts gehen.
Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen für Archer Daniels derzeit schwierig. Operativ besteht demnach auch noch Potenzial.
Die Dividendenrendite liegt derzeit bei 3,15 % und ist gut finanziert.
Gelingt ein Anstieg über 63 USD, könnte sich die laufende Erholung in Richtung 68,50 USD fortsetzen. Gelingt ein Anstieg über 70 USD, hellt sich das Chartbild nachhaltig auf.
Ein antizyklischer Einstieg sollte nur erfolgen, wenn keine weiteren Vorwürfe laut werden.
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