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Starboard kauft 500-Millionen-Dollar-Beteiligung an Autodesk und zieht vor Gericht. Es stehen harte Vorwürfe im Raum, die Aktie legt trotzdem zu.
Der unangefochtene Spitzenreiter
Autodesk ist der weltweit führende Anbieter von Software für CAD und Computeranimation. Die computergestützten 3D-Design-Programme kommen in zahlreichen Branchen zum Einsatz.
Beispielsweise in den Bereichen Architektur, Gebäudetechnik, Hoch- und Tiefbau, Automotive, Transportwesen, Mechanik, Maschinenbau, Medien und Unterhaltung sowie Versorgung, Medizintechnik und Telekommunikation.
Mit den Softwarelösungen von Autodesk lassen sich digitale Modelle und Abläufe von Projekten zeichnen und konstruieren und dadurch visualisieren, simulieren und analysieren. So lassen sich Pläne, Ideen und Konzepte am PC vor der Umsetzung virtuell erstellen, planen, testen und optimieren.
Das hört sich gut an und man kann sich leicht vorstellen, wie vielfältig die Anwendungsfelder dieser Anwendungen sind.
Hier finden Sie eine Übersicht aller Produkte (Link).
Finanzielle Erfolgsgeschichte
In den letzten fünf Geschäftsjahren konnte man den Umsatz von 3,27 auf 5,50 Mrd. USD massiv steigern.
Gleichzeitig hat man die Zahl der ausstehenden Aktien von 220 auf 214 Millionen Stück reduziert und die Profitabilität verbessert.
Der Gewinn kletterte in dieser Zeit von 2,79 auf 7,60 USD je Aktie. Der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass man erst kurz davor den Sprung in die Profitabilität vollzogen hat.
Die Gewinnsteigerungen waren daher besonders hoch und kein guter Massstab für die Zukunft.
Mit einer operativen Marge von rund 20 % ist man inzwischen aber solide profitabel. Das Geschäft ist gut skalierbar, nicht kapitalintensiv und basiert weitgehend auf einem Abo-Modell. Der Cashflow ist demnach gut planbar und durch wiederkehrende Einnahmen geprägt.
Herausforderungen an der Börse
Kurstechnisch schwächelt die Aktie trotzdem. Trotz des gestrigen Kurssprungs notiert Autodesk auf dem Niveau von Mitte 2020.
Die blended P/E ist dadurch von etwa 70 auf 31 gesunken, wodurch sich das Chance-Risiko-Verhältnis deutlich verbessert hat.
Der Grund für die schwache Performance dürfte die schwache Entwicklung des freien Cashflows sein.
Oberflächlich betrachtet dürfte der FCF in diesem Jahr kaum steigen und mit 6,80 USD je Aktie weit unter dem gemeldeten Gewinn in Höhe von 8,10 USD je Aktie liegen.
Das dürfte viele Anleger verschrecken und in den meisten Fällen lägen sie damit auch richtig.
Bei Autodesk liegt jedoch eine Sondersituation vor.
Autodesk hat eine Umstellung der Vertragspraktiken vollzogen und bietet zukünftig keine mehrjährigen und rabattierten Verträge mehr an.
Aus Sicht von Autodesk ist die Lage simpel: Warum sollte man Rabatte gewähren, wenn die Kunden auch den vollen Preis zahlen?
Wenn man statt zwei- und dreijährigen Verträgen nur noch einjährige abschliesst, dann wirkt sich das natürlich negativ auf das Auftragsvolumen und den Cashflow aus.
Umstellung verursacht Reibung
Mittelfristig steigt dadurch aber die Profitabilität. Sobald die Umstellung komplett vollzogen wurde, sollte der FCF überproportional zulegen.
Daher geht man davon aus, dass der FCF im kommenden Geschäftsjahr um 39 % auf 9,50 USD je Aktie steigen wird.
Selbst mittelprächtige Abo-Unternehmen werden regelmässig mit einem P/FCF von 25 gehandelt.
Autodesk ist jedoch ein weltweiter Marktführer mit einer gigantischen Nutzerbasis, deren Wechselkosten enorm sind.
In den letzten fünf Jahren lag der P/FCF von Autodesk durchschnittlich bei 39,5. Sollte die Bewertung wieder auf dieses Niveau steigen, ergibt sich auf Sicht von 18 Monaten ein Kursziel von 375,25 USD.
Ein P/FCF von 35 entspricht einem Kursziel von 332,50 USD und ein P/FCF von 30 entspricht einem Kursziel von 285,00 USD.
Die Aktie hat in allen Szenarien Potenzial, wahrscheinlicher ist aus heutiger Sicht jedoch eher das obere Ende der Spanne, also ein P/FCF zwischen 35 und 40.
Jetzt mischt Starboard mit
Dieses Potenzial scheint auch Starboard Value erkannt zu haben. Gestern bestätigte die Investmentgesellschaft, dass man für mehr als 500 Millionen Dollar Aktien am Unternehmen erworben hat.
Das ist zwar viel Geld, aber nur 1 % des Börsenwerts von Autodesk. Mit einer Beteiligung in dieser Grössenordnung wird Starboard keine Veränderungen im Unternehmen erzwingen können, aber ein Mitspracherecht erhält man natürlich.
Starboard arbeitet in der Regel aktiv mit dem Management zusammen, um den Wert für alle Aktionäre zu steigern.
In einem offenen Brief (Link) bezeichnete Starboard das Unternehmen als Pionier und Marktführer in Design-, Ingenieur- und Unterhaltungssoftware. Das langfristige Potenzial von Autodesk sei enorm, doch man habe Bedenken bei den Themen Betriebsführung und der Rechenschaftspflicht gegenüber den Aktionären.
(„Despite our belief in the strong long-term prospects of Autodesk, we have significant concerns with the Company’s operations, governance, oversight, and accountability to shareholders“)
Harte Vorwürfe
Darüber hinaus habe man erhebliche Probleme und Fragen zur Rechnungslegung des Unternehmens, selbes gilt für Offenlegungs- und Vergütungspraktiken von Führungskräften und deren Aufsicht – oder vielmehr fehlender Aufsicht.
Ferner habe der Vorstand wissentlich Informationen zurückgehalten, um den Status Quo beizubehalten.
(„The Investigation’s findings raise significant issues and questions about the Company’s accounting and disclosure practices, executive compensation practices, and oversight, or a lack thereof, from the Board of Directors (the “Board”). Even more concerningly, it appears that the Board chose to withhold material information from shareholders ahead of the nomination deadline in order to preserve the status quo and insulate the incumbent directors from a potential challenge by shareholders.“)
Starboard habe bereits versucht, Veränderungen anzustossen, ohne an die Öffentlichkeit zu gehen.
Autodesk hat diese Vorschläge abgelehnt, weshalb Starboard nun eine Klage einreicht, um die jährliche Hauptversammlung 2024 zu verschieben und das Nominierungsfenster wieder zu öffnen.
Starboard fordert mehr Aufsicht
Es wird gefordert, dass neue Direktoren in den Vorstand gewählt werden, um das Vertrauen der Aktionäre wiederherzustellen und eine bessere Aufsicht zu gewährleisten.
Obwohl etliche Probleme ans Tageslicht befördert wurden, haben diese Neuigkeiten einen Kurssprung von 6,48 % auf 240,51 USD ausgelöst.
An der Börse scheint die Hoffnung zu keimen, dass sich die Situation bei Autodesk endlich verbessern wird und intern „aufgeräumt“ wird.
Darüber hinaus fordert Starboard eine anlegerfreundlichere Kapitalallokation. Autodesk soll demnach von grösseren Übernahmen absehen und mehr Kapital in Aktienrückkäufe stecken.
Dem kann ich nur zustimmen. Abgesehen von Übernahme-Spezialisten, sollte niemand grosse Übernahmen durchführen, denn dadurch wird in der Regel kein Mehrwert geschaffen.
(„In addition, we believe Autodesk can adopt more shareholder-friendly capital allocation policies, increasing the amount of capital it returns to shareholders through share repurchases. We also believe Autodesk should refrain from any material acquisitions unless and until it can execute with excellence.“)
Autodesk lehnt die Vorschläge ab
Aus Sicht von Starboard könnte man durch diese Massnahmen das Vertrauen der Anleger stärken und gleichzeitig eine erhebliche Steigerung des FCF je Aktie erzielen.
Auch an dieser Stelle stimme ich Starboard vollumfänglich zu.
Autodesk hat bereits eine Antwort veröffentlicht (Link), sonderlich kooperativ klingt sie nicht.
Der Vorstand betont zwar, dass man einen offenen Dialog mit den Aktionären begrüsst, aber das war es dann auch.
Starboard habe Autodesk erst nach der Frist für die Nominierung von Direktoren kontaktiert und nutze eine abgeschlossene interne Untersuchung, um nachträglich noch Direktoren zu nominieren.
Daher habe man entschieden, dass eine Wiedereröffnung der Frist nicht im besten Interesse von Autodesk und der Aktionäre ist.
Die Hauptversammlung soll wie geplant am 16. Juli stattfinden.
Mit dem Kurssprung über 234 USD ein Befreiungsschlag gelungen. Aus technischer Sicht wäre jetzt eine erneute Erholung in Richtung 265 oder 275 USD möglich.
Darüber würde sich das Chartbild weiter aufhellen.
Fällt die Aktie jedoch unter 234 USD zurück, haben die Bullen ihre Chance vorerst vertan.
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