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Grail hat doppelt so viel Cash wie Börsenwert und keine Schulden. Das ist aber nicht das Verrückteste an der Geschichte.
Der heilige Gral
An der Börse geschehen ständig merkwürdige Dinge, doch die Geschichte von Grail ist geradezu unglaublich.
Grail ist ein Biotechnologieunternehmen, das sich auf die Entwicklung von Bluttests zur Früherkennung von Krebs spezialisiert hat.
Das Unternehmen wurde 2016 als Spin-off von Illumina gegründet, um sich auf die Entwicklung von Bluttests zur Früherkennung von Krebs zu konzentrieren. Illumina hielt nach der Abspaltung weiterhin einen bedeutenden Anteil an Grail, das als eigenständiges Unternehmen operierte und zusätzliche Investitionen von anderen Kapitalgebern erhielt.
Im September 2020 kündigte Illumina an, Grail für etwa 8 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Das Potenzial der zwischenzeitlich entwickelten Technologie, dazu später mehr, wurde im einstigen Mutterkonzern inzwischen als so gross betrachtet, dass man bereit war, diese horrende Summe auf den Tisch zu legen, obwohl Grail zu diesem Zeitpunkt keinen nennenswerten Umsatz generierte.
Was für ein Desaster… für Illumina
Die Übernahme wurde jedoch von den Wettbewerbshütern kritisch betrachtet, insbesondere in den USA und Europa. Die Europäische Kommission blockierte die Übernahme im September 2022 aufgrund von Bedenken, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb beeinträchtigen könnte.
Insbesondere wurde befürchtet, dass Illumina den Zugang von Konkurrenten zu seinen Sequenzierungstechnologien einschränken könnte, was den Wettbewerb im aufkommenden Markt für Flüssigbiopsien behindern würde.
Illumina ignorierte diesen Gegenwind und vollzog die Übernahme dennoch, ohne die finale Erlaubnis der EU-Behörden abzuwarten.
Daraufhin verhängte die Europäische Kommission im Juli 2023 eine Geldstrafe in Höhe von 432 Mio. Euro.
Angesichts des regulatorischen Drucks, beschloss Illumina schliesslich im August 2023, Grail wieder abzuspalten. Die Abspaltung war Teil der Bemühungen von Illumina, den Konflikt mit den Regulierungsbehörden beizulegen und die Kontrolle über Grail zu lockern.
Diese Abspaltung bedeutete, dass Grail erneut ein unabhängiges Unternehmen wurde, obwohl Illumina weiterhin eine bedeutende Beteiligung an Grail hält.
Zusammengefasst also: Abspaltung, Übernahme und wieder Abspaltung. Kurios.
Keine Schulden und mehr Cash als Börsenwert
Illumina hat das alles Milliarden gekostet. Denn man musste nicht nur die damalige Übernahme finanzieren, sondern Grail bei der letzten und hoffentlich finalen Abspaltung auch noch Milliarden Dollar zur Verfügung stellen.
Den EU-Richtlinien zufolge müssen Spin-Offs mit ausreichend Kapital ausgestattet werden, um den Betrieb für mindestens zweieinhalb Jahre sicherzustellen.
Grail wurde kürzlich wieder eigenständig an die Börse gebracht und hat als Abschiedsgeschenk einen Berg von Cash erhalten.
Ende des letzten Quartals besass Grail 958,8 Mio. USD an Barmitteln, mehr als das doppelte des Börsenwerts in Höhe von 463 Mio. USD.
Die Geschichte von Grail ist kurios und dass ein Unternehmen heute mit einem negativen Enterprise Value (EV = Börsenwert + Schulden – Vermögenswerte) bewertet wird, dass vor einigen Jahren für 8 Mrd. USD übernommen wurde, setzt der Sache die Krone auf.
Das ist der Haken
Es ist jedoch auch nachvollziehbar, warum an der Börse eine gewisse Skepsis herrscht. Einerseits aufgrund der verrückten Geschichte und andererseits, weil Grail bis heute kaum Umsätze erzielt und massive Verluste einfährt.
Im letzten Quartal erzielte man lediglich einen Umsatz von 32,0 Mio. USD, wenngleich das Wachstum auch bei 43% lag.
Das Bruttoergebnis lag bei -17,9 Mio. USD. Hinzu kommen erhebliche Forschungsausgaben. Unter dem Strich dürfte Grail in diesem Jahr rund 500 Mio. USD verbrennen.
Die Barmittel dürften also zukünftig stark rückläufig sein und das erklärt auch, warum die Aktie nicht wenigstens auf dem Niveau der Cashreserven (rund 30 USD je Aktie) notiert.
Grail hat bereits Massnahmen ergriffen, um den Cashburn im kommenden Jahr auf 325 Mio. USD zu senken.
Um das zu erreichen, reduziert man die Zahl der Mitarbeiter und konzentriert sich zukünftig voll auf Galleri.
Jetzt sind wir an dem Punkt angekommen, an dem wir über das Potenzial von Grail und Galleri sprechen können.
Gigantisches Potenzial
Galleri ist ein Test, mit dem Anzeichen von mehr als 50 verschiedenen Krebsarten durch die Erkennung von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) im Blut zu identifiziert werden können, oft noch bevor Symptome auftreten.
Das ist ein bedeutender medizinischer Durchbruch, denn die frühe Erkennung kann die Überlebenschancen von Patienten massiv erhöhen.
Derzeit laufen Studien mit mehr als 140.000 Teilnehmern. Die Sicherheit der Tests ist weitgehend nachgewiesen (Pathfinder 2 Studie), die endgültigen Daten, die sich auf die Leistungsfähigkeit des Tests konzentrieren (NHS-Galleri Studie), werden 2026 erwartet.
Für beide Studien besteht die Möglichkeit, dass es zu einer erheblichen Erstattung der Kosten durch die FDA kommen wird.
Werden Galleri-Tests bald zum Standard?
Darüber hinaus scheint eine Zulassung von Galleri nur noch eine Formsache zu sein, zu dieser Ansicht scheinen jedenfalls etliche Biotech- und Pharmakonzerne gekommen zu sein.
Trotz fehlender Erstattungen und FDA-Zulassung hat Grail bisher über 180.000 Galleri-Tests verkauft und mehr als 100 kommerzielle Partnerschaften geschlossen. Diese Entwicklungen unterstreichen das Potenzial des Galleri-Tests, auch wenn noch wichtige regulatorische Hürden genommen werden müssen.
Langfristig könnte Galleri jährliche Milliardenumsätze erzielen, einige Schätzungen gehen von mehr als 10 Mrd. USD aus.
Für Versicherungen ist es sehr viel günstiger, die Kosten für Galleri zu übernehmen und frühzeitig testen zu lassen. Und selbstverständlich ist ein Test auch im Interesse möglicher Patienten.
Vor allem bei Hochrisikogruppen könnten Galleri-Tests in gewissen Abständen die Norm werden.
Eine charttechnische Auswertung ist aufgrund der kurzen Zeit an Börsennotierung wenig sinnvoll.
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