1. Problemstellung
Ende 2019 beschloss der Bundesfinanzhof (BFH) eine Änderung des Einkommensteuergesetzes, das erhebliche Auswirkungen auf die Einkünfte aus Kapitaleinkünften ab 2021 haben wird. Im Vordergrund dieser Gesetzesänderung stehen die Optionsgeschäfte.
Der § 20 VI Satz 5 EStG besagt nun, das Optionsgeschäfte innerhalb eines Veranlagungszeitraumes nur noch bis zu einem Betrag i.H.v 10.000 € mit den Gewinnen im jeweiligen Veranlagungszeitraum verrechnet werden können. Verluste aus Optionsgeschäften, die den Betrag von 10.000 € überstiegen haben, können in den folgenden Veranlagungszeiträumen mit Gewinnen verrechnet werden. Auch hier gilt, dass pro Jahr lediglich 10.000 € des bereits entstandenen Verlustvortrages mit Gewinnen verrechnet werden dürfen. Neue Verluste aus Optionsgeschäften verringern die jährliche Höchstgrenze von 10.000 € pro Jahr.
Eine weitere Besonderheit der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist, das die Gewinne und Verluste in jeweiligen „Töpfen eingelegt“ werden. So können die Gewinne und Verluste aus Optionsgeschäften nur mit Gewinnen und Verlusten aus Optionsgeschäften bzw. Gewinne und Verluste aus Wertpapierveräusserungen nur mit Gewinnen und Verlusten aus Wertpapierveräusserungen verrechnet werden.
Zudem unterliegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Verbot eines vertikalen Verlustausgleichs. Der Verlust aus einem Veranlagungszeitraum kann zwar für die Zukunft fortgeschrieben werden, jedoch nicht mit einer anderen Einkunftsart verrechnet werden. Hingegen können andere Einkunftsarten, wie z.B. Gewinne aus Einkünften aus Gewerbebetrieb mit Verlusten aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, miteinander aufgerechnet werden.
Bevor die neue Gesetzesänderung mit einem Zahlenbeispiel untermauert wird, stellt sich die Frage, was genau Optionsgeschäfte sind?
Optionen sind standardisierte Verträge, die einer Person das Recht einräumen (aber nicht die Pflicht) Wertpapiere zu einem festgesetzten Preis zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). Für dieses Recht, d.h. für die Einräumung der Option bezahlt diese Person ein Entgelt. Der Preis für die Option bildet sich am Markt und findet sich durch Angebot und Nachfrage. Wird eine Option verkauft, erhält die Person eine Optionsprämie. In diesem Fall hat man kein Recht, sondern eine Verpflichtung, das Wertpapier zu kaufen (Put-Option) oder zu verkaufen (Call-Option). Der Verkäufer einer Option heisst Stillhalter.
2. Beispiele Optionsgeschäfte
1. Beispiel Optionsgeschäfte: Derzeitige Besteuerung als natürliche Person
Max M. betreibt im Jahr 2020 den Handel mit Optionsgeschäften. Dabei erzielt er einen Ertrag i.H.v. 500.000 € und einen Verlust i.H.v. 400.000 €.
Zuerst wird die Cashrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 400.000,00 €
= Cashflow 100.000,00 €
Max M. erzielt 2020 einen Cashflow i.H.v. 100.000 €.
Folgend wird die Steuerrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 400.000,00 €
= Gewinn: 100.000,00 €
– Sparer-Pauschbetrag: 801,00 €
= steuerlicher Gewinn: 99.199,00 €
– Kapitalertragsteuer (25%): 24.799,75 €1
– Solidaritätszuschlag (5,5%): 1.363,99 €2
Wie Beispiel 1 zeigt, hat Max M., durch die Verrechnungsmöglichkeit, keine Schwierigkeiten mit der Bezahlung der Steuern. Der Cashflow i.H.v. 100.000 € deckt problemlos die steuerliche Belastung i.H.v. 26.163,74 €.3
2. Beispiel Optionsgeschäfte: Besteuerung als natürliche Person ab 2021
Max M. betreibt im Jahr 2021 den Handel mit Optionsgeschäften. Dabei erzielt er einen Ertrag i.H.v. 500.000 € und einen Verlust i.H.v. 400.000 €.
Zuerst wird die Cashrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 400.000,00 €
= Cashflow 100.000,00 €
Max M. erzielt 2021 einen Cashflow i.H.v. 100.000 €.
Folgend wird die Steuerrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 10.000,00 €
= Gewinn: 490.000,00 €
– Sparer-Pauschbetrag: 801,00 €
= steuerlicher Gewinn: 489.199,00 €
– Kapitalertragsteuer (25%): 122.299,75 €4
– Solidaritätszuschlag (5,5%): 6.726,49 €5
Wie Beispiel 2 zeigt, hat Max M., durch die fehlende Verrechnungsmöglichkeit, erhebliche Schwierigkeiten in der Bezahlung der Steuern. Der Cashflow i.H.v. 100.000 € reicht nicht einmal aus um die steuerliche Belastung i.H.v. 129.026,24 €6 zu begleichen.
Wie Beispiel 2 deutlich zeigt, kann es durch die neue Gesetzgebung zu einer erheblichen Übersteuerung kommen, bei dem das Finanzamt mehr Steuern verlangt als monetäre Mittel eingenommen wurden.
Eine Möglichkeit des Ansatzes des Verlustes in voller Höhe, liegt in der Gründung einer GmbH, deren Gesellschaftszweck sich dem Handel mit Wertpapieren verschrieben hat.
Eine GmbH erwirtschaftet kraft Rechtsform ausschliesslich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hierbei werden die Erträge und Aufwendungen miteinander verrechnet, was auch für den Gewinn und den Verlust des Optionshandels gilt.
3. Beispiel Optionsgeschäfte: Besteuerung einer Trading GmbH
Max M. gründet im Jahr 2021 die Max M. Trading GmbH, deren Gesellschaftszweck den Handel mit Optionen betreibt. Dabei erzielt die GmbH einen Ertrag i.H.v. 500.000 € und einen Aufwand i.H.v. 400.000 €. Zur vereinfachten Darstellung wird unterstellt, dass weder weitere Einnahmen noch weitere Aufwendungen anfallen.
Zuerst wird die Cashrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 400.000,00 €
= Cashflow 100.000,00 €
Die Max M. Trading GmbH erzielt einen Cashflow i.H.v. 100.000 €.
Folgend wird die Steuerrechnung betrachtet:
Erträge aus Optionsgeschäften: 500.000,00 €
– Verluste aus Optionsgeschäften: 400.000,00 €
= Gewinn: 100.000,00 €
= steuerlicher Gewinn: 100.000,00 €
– Körperschaftsteuer (15%): 15.000,00 €
– Solidaritätszuschlag (5,5%): 825,00 €7
– Gewerbesteuer (ca. 14%): 14.000,00 €
= Gewinn nach Steuern 70.175,00 €8
Wie Beispiel 3 zeigt, erwirtschaftet die Max M. Trading GmbH im Jahr 2021 einen Gewinn nach Steuern i.H.v. 70.175 €. Die Ertragsteuern können aus dem Gewinn problemlos gezahlt werden und die Verluste wurden in voller Höhe anerkannt.
3. Vor- und Nachteile einer Trading GmbH Gründung
Neben der Verlustverrechnung der Optionsgeschäfte, sprechen noch, nicht abschliessende, Gründe für eine Trading GmbH:
1. Gewinnausschüttungen an eine Familienstiftung
Wird die Trading GmbH nicht von einer natürlichen Person, sondern von einer Familienstiftung gegründet, können die Gewinnausschüttungen, die von der Trading GmbH an die Familienstiftung ausgeschüttet werden in der Familienstiftung gehortet werden. Durch die Gewinnausschüttungen der Familienstiftung an die Destinatäre profitiert nicht nur der Gesellschafter, wie es im Falle einer natürlichen Person ist, sondern die gesamte Familie des Stiftungsgründers.
2. Erfassung weiterer Aufwendungen
Neben der Verlustverrechnung der Optionsgeschäfte können auch die gesamten, tatsächlichen Kosten für Optionsgeschäfte in die Gewinn- und Verlustverrechnung aufgenommen werden, im Gegenzug zur natürlichen Person und des Sparer-Pauschbetrages i.H.v. 801 €. Fortbildungskosten, Aufwände für weiterbildende Literatur, Kosten für Internet und Handy als auch ein Pkw kann in voller Höhe und unbegrenzt von der GmbH übernommen und dem Gesellschafter zur Verfügung gestellt werden.
3. Schnelle und sofortige Beendigung möglich
Möchte eine natürliche Person, als Geschäftsführer einer Trading GmbH, den Handel mit Optionen beenden, kann er dies in einer dafür vorgesehenen GmbH schnellst möglichst machen. Die GmbH wird einfach liquidiert. Im Gegenzug wird die natürliche Person vom Staat genötigt einen Verlust aus Optionsgeschäfte bis zu Ihrem vollständigen Verbrauch entweder für den nächsten Veranlagungszeitraum fortzuschreiben oder durch Gewinne auszugleichen. Rückblickend auf Beispiel 2, bräuchte Max M., vorausgesetzt er erzielt keinen Verlust beim Handel mit Optionsgeschäften, 49 weiter Jahre, um den Verlust auszugleichen.
Natürlich gibt es auch Nachteile, die aus der Führung einer Trading GmbH erwachsen. Dies sind, u.a., eine erneute Besteuerung bei der Ausschüttung an die natürliche Person bzw. an den Gesellschafter, Kosten, die für einen Jahresabschluss der GmbH entstehen oder die damit verbundenen gesetzlich einzuhaltenden Fristen.
4. Lösung:
Die Köber Strategie empfiehlt, die Gründung einer Familienstiftung, die wiederrum eine GmbH gründet, in der die Optionsgeschäfte geführt werden. Der Gewinn der GmbH wird steuerfrei an die Familienstiftung ausgeschüttet, die wiederum eine steuerfreie Gewinnausschüttung i.H.v. 10.000 € an die Kinder ausschütten kann.
Fussnoten
199.199,00 € x 25 % / 100 % = 24.799,75 €
224.799,75 € x 5,5 % / 100 % = 1.363,99 €
324.799,75 € + 1.363,99 = 26.163,74 €
4489.199,00 € x 25 % / 100 % = 122.299,75 €
5122.299,75 € x 5,5 % / 100 % = 6.726,49 €
6122.299,75 € + 6.726,49 € = 129.026,24 €
715.000,00 € x 5,5 % / 100 % = 825,00 €
8100.000,00 € – 15.000,00 € – 825,00 € – 14.000,00 € = 70.175,00 €