Joel Greenblatt
Es gibt keine einfachere Investmentmethode als die von Joel Greenblatt, dem Gründer des berühmten Gotham Hedgefonds. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Methode aus seinem „kleinen“ Bestseller aus dem Jahr 2005 stammt: „The Little Book That Beats The Market“ und dieses Büchlein war ursprünglich für seine fünf Kinder.
Die meisten Experten und Akademiker können Ihnen nicht dabei helfen, den Markt zu schlagen.
Die Zauberformel von Joel Greenblatt
In diesem Werk wird eine Investmentstrategie dargestellt, die sich auf nur zwei Variablen konzentriert:
- Kapitalrendite
- Gewinnrendite
Einfacher geht es fast nicht. Die Philosophie hinter dieser „Zauberformel“, wie Greenblatt sie selbst nannte, ist genauso einfach. Die Idee ist, Aktien zu günstigen Preisen zu kaufen. Das erste Kriterium ist die Kapitalrendite und diese filtert die guten Unternehmen aus allen bestehenden Unternehmen heraus. Das zweite Kriterium zeigt an, wie preiswert diese Aktien sind. Leicht gesagt, denken Sie nun vielleicht. Aber funktioniert das auch?
Und wie! Greenblatt selbst testete die Strategie zu seiner Zeit mit historischen Kursdaten (ein sogenanntes Backtesting bzw. auch Rückvergleich). Daraus ergab sich zwischen 1988 und 2004 eine mehr als gewaltige Rendite von 30,8% pro Jahr, das Zweieinhalbfache der Rendite (12,4%) vom S&P in derselben Zeit.
Womöglich haben Sie anstelle eines Rückvergleichs lieber echte Ergebnisse. Dann können wir die Leistungen des Gotham Hedgefonds nennen. Dieser generierte zwischen 1985 und 2005 das in jeder Hinsicht verblüffende Resultat von 40% pro Jahr. Jammerschade für Sie, aber seit dem Sommer 2006 ist der Gotham Fonds für Kunden geschlossen. Er verwaltet nun nur noch die zweifelsohne gigantischen Vermögen der Partner.
Greenblatt ist übrigens mehr als ein grossartiger Investor. So ist er Alumnus der renommierten Wharton School (MBA), Dozent an der Columbia University, Mitgründer vom Value Investors Club und Reformer des Grundschulunterrichts in New York. Jawohl, das letzte lesen Sie richtig. Denn es ist Greenblatt’s Art und Weise funktionierenden Geschäftsmodelle auf der Spur zu sein: eine Kunst, die auch an anderer Stelle von Vorteil ist.
Im Grundschulunterricht sah er mehr schief als gut laufen und griff deswegen bei einer Schule in Queens ein, die hauptsächlich von ärmeren Schülern mit Migrationshintergrund besucht wurde. Und das mit ähnlich verblüffenden Resultaten, wie bei seinen Investmentaktivitäten. Er zieht somit aus seinen Investmentaktivitäten eine Lehre und wendet diese im Grundschulunterricht an anderer Stelle an.
Laut Greenblatt können die meisten Experten und Akademiker Ihnen nicht dabei helfen, den Markt zu schlagen, und damit hat er vollkommen recht. Was übrig bleibt ist, es selbst zu machen und das ist ihm ziemlich gut gelungen.
„Don’t trust anyone over thirty and don’t trust anyone thirty or under.“
Warum die Zauberformel funktioniert
Laut Greenblatt ist dies der schwierigste Teil. Die Kapitalrendite zeigt an, was das Unternehmen mit seinem Vermögensstand erwirtschaftet, oder ob das Unternehmen etwas Besonderes kann oder hat (in wirtschaftlichen Begriffen bedeutet das, ob ein Unternehmen spezielle Ressourcen oder auch Möglichkeiten besitzt). Wir haben hier Beispiele im Sinn, wie eine günstige Lage, ein starker Markenname, die Fähigkeit zu niedrigeren Kosten als die Konkurrenz zu produzieren oder innovativere Produkte auf den Markt zu bringen.
Er verwendet die zwei Massstäbe übrigens in etwas geänderter Form. Normalerweise wird die Kapitalrendite berechnet, indem man den Nettogewinn durch das Gesamtkapital teilt, aber Greenblatt verwendet den Gewinn vor Zinsen und Steuern (das sogenannte EBIT, earnings before interest and taxes). Das tut er, um das Bild nicht durch Schulden oder Steuern zu trüben.
Er teilt das EBIT auch nicht durch das Gesamtkapital, sondern durch den materiellen Kapitaleinsatz (tangible capital employed). Das gleicht dem Nettoumlaufvermögen plus dem Nettoanlagevermögen. Die Idee dahinter ist, dass Greenblatt sich dafür interessiert, wieviel Kapital für den täglichen Betrieb des Unternehmens notwendig ist. Hierdurch müssen einige Variablen gestrichen werden.
Er verwendet zum Beispiel das Nettoumlaufvermögen, da es für die Finanzierung der Forderungen (receivables) und Vorräte notwendig ist. Überflüssiger Kassenbestand ist nicht nötig, und Verbindlichkeiten (payables) sind eigentlich zinsfreie Darlehen.
Die Gewinnrendite (earnings yield) zeigt, wieviel ein Unternehmen relativ zur Marktkapitalisierung verdient und entspricht dem umgekehrten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Normalerweise wird dieses berechnet, indem man den Nettogewinn der vergangenen 12 Monate durch das Produkt aus Kurs und Anzahl der im Umlauf befindlichen Anteile teilt.
Auch hier macht Greenblatt wieder einige Änderungen. Er verwendet das EBIT anstelle des Nettogewinns sowie den Unternehmenswert (enterprise value), welcher der Marktkapitalisierung plus der Betriebsschulden entspricht. Denn er will wissen, was die Rendite wäre, würde man den Betrieb übernehmen. Und dann muss man natürlich auch die Schulden im Blick haben.
Wie arbeitet Greenblatt nun mit diesen Kriterien? Auch das ist einfach. Er ordnet die grössten 3.500 Unternehmen jedes dieser Kriterien zu. Die Unternehmen mit dem niedrigsten zusammengesetzten Ranking schneiden am besten ab. Ein Beispiel. Wenn ein Unternehmen als dreissigstes auf der Kapitalrenditeliste steht und als achtzigstes auf der Gewinnrenditeliste, dann ist die Rankingsnummer 30+80=110.
Diese Herangehensweise ist so einfach und erfolgreich, dass Sie womöglich gleich selbst beginnen möchten. Was Sie benötigen ist ein Aktien-Screener, der nach diesen Kriterien auswählt. Wir haben schnell im Internet geschaut und fanden einen Aktien-Screener auf: magicformulainvesting.com. Jedoch ist das Ergebnis recht mager, da die Kriterien bei vielen Screenern nicht ausgewählt werden können.
Keine Sorge, sagt Greenblatt. Mithilfe von gängigeren Verhältnissen kann man sich den Kriterien sehr gut annähern. Vermögensrendite kann man gut anstelle von Kapitalrendite verwenden und das Gewinn-Kurs-Verhältnis (tatsächlich genau das Gegenteil des bekannten Kurs-Gewinn-Verhältnisses) ist ein guter Ersatz für die Gewinnrendite.
Wie geht man vor?
Die Schritte nach Greenblatt:
- Wählen Sie Aktien aus, die eine Vermögensrendite von über 25% haben.
- Suchen Sie bei den unter Schritt 1 ausgewählten Aktien das Unternehmen mit dem niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnis (mit anderen Worten, mit dem höchsten Gewinn-Kurs-Verhältnis) und vermeiden Sie einen Kursgewinn unter fünf, da dies wahrscheinlich auf einen unüblichen Gewinn im vergangenen Jahr hinweist. Auch von Unternehmen, die erst vor Kurzem ihren Gewinn bekannt gegeben haben, sollte man die Finger lassen, um das Risiko auf fehlerhafte Daten zu verringern.
Bedenken Sie aber, dass Greenblatt Finanzaktien, Aktien von Versorgungsbetrieben und American Depositary Receipts (ADRs, oft auch American Depositary Share) meidet. Die ersten zwei, da sie anders finanziert werden (mit mehr Schulden und weniger Eigenkapital), und ausländische Unternehmen sind schwieriger zu kontrollieren.
“The more confidence I have in each one of my stock picks, the fewer companies I need to own in my portfolio to feel comfortable.”
Geduld!
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt, den Sie wissen sollten, bevor Sie selbst beginnen. Diese Strategie funktioniert nur langfristig. Es ist so, dass in der Zeitspanne, die Greenblatt sich anschaute (17 Jahre), die Strategie (durchschnittlich) in fünf von jeweils zwölf Monaten sowie in einem von vier Jahren schlechter abschnitt als der Markt. Es ist sogar passiert, dass die Strategie während einer drei Jahre andauernden Zeitspanne schlechter als der Markt abschnitt.
Falls diese Tatsachen Ihren Enthusiasmus gedämpft haben sollten, ist dies jedoch unberechtigt. Die Zauberformel funktioniert langfristig gesehen immer, weswegen Greenblatt sich auf Jahrzehnte und nicht auf Wochen, Monate, oder sogar Jahre konzentriert. Noch wichtiger ist, dass wenn die Zauberformel immer funktionieren soll, sie auch jeder anwenden kann. Und wenn jeder dieselben Aktien auswählt, werden diese von selbst teurer und die Zauberformel funktioniert nicht mehr. Dass die Strategie manchmal kurzfristig gesehen schlecht abschneidet, ist laut Greenblatt daher kein Weltuntergang, sondern sogar ein Vorteil. Sogar professionelle Portfolioinvestoren stehen jedes Jahr unter so viel Druck – wenn nicht sogar jedes Quartal – gute Leistungen zu erbringen, dass die meisten Greenblatt‘s Zauberformel links liegen lassen, um keine Kunden zu verlieren.
Dieselbe Logik gilt übrigens bei mehreren Investmentstrategien. Wenn eine Strategie immer funktionieren würde, würde sie so viel Kapital anziehen, dass ein Ansturm auf die Aktien entstehen würde, die diese Kriterien erfüllen. Hierdurch würde sich die Strategie von selbst weniger rentieren (für die Zuspätkommer). Wie wir bereits oft gesehen haben ist das genau der Grund, warum viele unserer Gurus die populären und schnell wachsenden Aktien meiden: diese sind inzwischen schon zu teuer geworden.
Ausserdem ist es noch wichtig zu vermerken, dass Greenblatt die Einhaltung eines sehr ausgewählten Portfolios bevorzugt. Das bedeutet, dass manchmal 5 bis 8 Aktien bis zu 80% seines Portfolios ausmachen. Wenn er wirklich von einer Aktie überzeugt ist, kann bis zu 30% seines kompletten Portfolios auf eine Position entfallen.
Obwohl sein Fonds Gotham Capital für neue Investoren geschlossen ist, heisst das nicht, dass Greenblatt sich auf seinen Lorbeeren ausruht. Er ist immer noch ein sehr aktiver Investor. Für uns ist das praktisch, da wir so verfolgen können, wo Greenblatt momentan mithilfe seiner Zauberformel investiert. Im Internet macht man es uns zum Glück einfach. Auf der Seite gurufocus.com können Sie sehen, welche Aktien Greenblatt kauft und verkauft. Nutzen Sie dies, und zögern Sie unter keinen Umständen, die Zauberformel auch auf dem deutschen und europäischen Markt anzuwenden.