Martin Edward Zweig
Martin Zweig (1942 – 2013) begann mit bereits 13 Jahren seine Karriere als Investor, als er von seinem Onkel 6 Aktien von General Motors geschenkt bekam. Aufgrund seiner hohen Intelligenz und durch harte Arbeit wurde Zweig einer der Giganten an der Wall Street. Doch auch Zweig wusste, dass seine Zeit irgendwann abläuft, und im Gegensatz zu den Investoren der alten Schule, wie Graham und Buffett, arbeitete er nicht nur hart, sondern gab seine Milliarden auch für Spass und Unterhaltung aus.
Handle nie gegen den Trend
Sein Büro wirkte, aufgrund der Spiele, Raritäten (einer Jukebox, einer lebensgrossen Zahnbürste, einer riesigen Ampel, etc.) und versammelten Erinnerungsstücke, wie ein Spielplatz für Erwachsene. Zweig war zum Beispiel Besitzer der Gitarre von Buddy Holly, der Pistole von Dirty Harry und des Motors aus Easy Rider. Was bringt all das Geld, wenn man sich damit nicht amüsieren kann?
Er war auch Besitzer des, beim Ankauf, teuersten Apartments von New York: ein $70 Millionen teures Penthouse in der obersten Etage des schicken Pierre Hotels. Trotz all des Reichtums war Zweig jedoch auf dem Boden geblieben. Schon von klein auf hatte er sich auf die Börse gestürzt und war darauf fixiert, sich auf dem Markt durchzusetzen und Millionär zu werden. Es dürfte deutlich sein, dass ihm beides mit Glanz und Gloria geglückt war.
Er hatte einen Master in Wirtschaftslehre von Wharton, einen MBA von der University of Miami und promovierte an der Michigan State University im Bereich Finanzwesen. Er hat sich mit seinem Newsletter „The Zweig Forecast“ einen Namen gemacht. Dieser Newsletter begann mit einem Artikel, den Zweig an das Barron Magazin schickte und in dem er sich gehörig über die Verkaufsempfehlung für Aktien von AT&T ausliess. Es muss nicht erwähnt werden, dass Zweig mit seiner AT&T Kaufsempfehlung Recht behalten sollte. Das Broker-Unternehmen, das die Verkaufsempfehlungen aussprach, ging einige Monate später bankrott. Zweigs einstmaliger Boss beauftragte ihn daraufhin einen Newsletter zu schreiben. Als sein Arbeitgeber ein paar Monate später wegen Betrugs zahlungsunfähig wurde, kontaktierte Zweig seine Leser und fragte, ob sie bereit wären für den Newsletter zu zahlen. The Zweig Forecast startete mit etwa 40 Lesern und entwickelte sich aufgrund seiner grossartigen Performance schnell zu einem grossen Erfolg. So war er laut Hulbert Financial Digest fünfzehn Jahre lang der erfolgreichste Newsletter der Vereinigten Staaten.
Zweig ging allerdings noch anderen Aktivitäten nach. Er unterrichtete an Universitäten, startete einen Investmentfonds in 1986 („The Zweig Fund“), schrieb in demselben Jahr ein Investmentbuch („Winning on Wall Street“), begann einen zweiten Fonds („The Zweig Total Return Fund“) und verkaufte seine Fonds 1998 an Phoenix Investment Partners, wobei er jedoch als Stratege aktiv blieb. Ausserdem errichtete er seine eigene Beratungsfirma („Zweig Consulting“) und startete 1984 einen Hedgefonds („Zweig Dimenna Partners“), der immer noch auf dem Markt aktiv ist. Kurzum, bei Zweig traf das Sprichwort „work hard, play hard“ voll und ganz zu.
Investmentphilosophie
Seine rigorose quantitative Aktien-Auslese stützte sich vor allem auf Kriterien, die sich mit der Gewinnentwicklung beschäftigen. Als Investor war er vorrangig an Wachstumsaktien interessiert, und daher schaute er sich nicht nach Aktien um, die ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter fünf haben. Laut Zweig muss damit etwas nicht in Ordnung sein. Er war ziemlich tolerant gegenüber hohen Kurs-Gewinn-Verhältnissen, diese dürfen aber nicht mehr als das Dreifache des Marktdurchschnitts betragen.
Das Gewinnwachstum sollte stabil sein und vor allem auf steigenden Umsätzen (85%) basieren. Denn laut Zweig ist das Senken der Kosten eine begrenzte Quelle für das Gewinnwachstum. Darüber hinaus sah er am liebsten eine Beschleunigung von Gewinnwachstum und Umsatzsteigerung. Wie die meisten Investoren mochte er Schulden, wenn auch nicht übermässig viele. Dabei verstand Zweig jedoch, dass der Schuldenstand, je nach Industrie, variieren kann. Daher schaute er auch nach Aktien, bei denen der Verschuldungsgrad unter den Industriedurchschnitt fällt.
Ausserdem beobachtete er, was Insider machen. Denn die haben fast immer die meisten Informationen über das Unternehmen und dessen Aussichten. Insiderverkäufe sind dabei ein ungünstiges Zeichen.
Das Timen des Marktes
Zweig liess sich auch auf das Bestimmen des Marktsentiments ein, wofür er eine Reihe an wirtschaftlichen und technischen Indikatoren verwendete. Er war zum Beispiel der Erste, der die Put-Call-Ratio als Indikator für die Marktstimmung verwendete. Laut Zweig blinken viele Indikatoren der Marktstimmung rot auf, noch bevor der Markt nach unten geht. Er fand es somit nützlich, diese Indikatoren im Auge zu behalten.
Ein paar der Indikatoren, die Zweig gewissenhaft im Auge behielt:
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Diskontsatz und Mindestreservepflicht. Kurzum, die Geldpolitik der Fed. Bekannt ist seine Aussage „Don’t fight the Fed“. Wenn sich die Geldpolitik verschärft, wirkt sich das negativ auf den Markt aus.
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Bankzinsen. Die sogenannte `Prime Rate´ ist der Zinssatz, den Banken für ihre kreditwürdigsten Kunden berechnen. Zweig verwendete hier die folgende Strategie: eine Senkung der Prime Rate ist ein Kaufsignal, sofern die Prime Rate vor der Senkung unter 8% lag. Bei einer Prime Rate von über 8% sind zwei Senkungen für ein Kaufsignal notwendig.
- Verbraucherdarlehen.Wenn dieses stark ansteigt, befinden wir uns im letzten Aufwärtsstadium der Konjunktur und der Zinssatz wird zunehmen. Das ist ein negatives Signal. Umgekehrt ist eine Abnahme des Verbraucherdarlehens günstig, da das oft die Tiefphase des Konjunkturzyklusses ankündigt.
Diese Indikatoren bilden Zweigs „monetäres Modell“. Er verwendete auch ein anderes Modell, dass auf Indikatoren beruht, die das Marktmomentum abbilden. Wenn ein Konflikt zwischen den beiden entsteht, gewinnt der Marktindikator der Fed. „Don’t fight the Fed“ trifft jedoch nicht immer zu.
„I measure what’s going on, and I adapt to it. I try to get my ego out of the way. The market is smarter than I am so I bend.”
Markt-timing ist sehr schwierig und erfordert viel Zeit. Es gibt nur wenige, die diese Kunst beherrschen und wir haben bereits gesehen, dass viele der Guru-Investoren den Markt wenig oder gar nicht in Betracht ziehen. Laut Buffett besteht der Markt sogar nicht. Der Einfachheit halber lassen wir diese Geld- und Marktstimmungsindikatoren, wie die Put-Call-Ratio, ausser Betracht und wir konzentrieren uns auf die Auswahlkriterien für Aktien.
Zweig hatte eine anständige Liste von Kriterien. Er war damit bedeutend selektiver als Peter Lynch, der sich auch mit dem Auswählen von Wachstumsanteilen beschäftigt und später noch besprochen werden soll. Die meisten Kriterien von Zweig beziehen sich auf das Betriebsergebnis.
Auswahlkriterien nach Zweig
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Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV).Dieses muss mindestens 5 sein, um die Auswahl von schwachen Unternehmen zu vermeiden.
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Umsatzsteigerung im Verhältnis zum Gewinnwachstum. Die Umsatzsteigerung muss nicht weit unter dem Gewinnwachstum liegen. Eine Kostensenkung als Quelle für das Gewinnwachstum ist begrenzt.
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Umsatzsteigerung. Das Kriterium hier ist, dass der Unterschied zwischen den letzten zwei Quartalen des aktuellen Jahres und den korrespondierenden Quartalen des vorangegangenen Jahres grösser geworden sein muss.
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Gewinn pro Aktie (engl. earnings per share, kurz EPS). Dieser muss positiv sein, auch im korrespondierenden Quartal des vorherigen Jahres. Der Unterschied zwischen diesen zwei Quartalen muss ebenfalls positiv sein. Das bedeutet, man spricht von Gewinnwachstum im aktuellen Quartal verglichen mit demselben Quartal im vorherigen Jahr.
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Jährliches EPS-Wachstum. Dieses muss für die vergangenen fünf Jahre positiv sein.
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Quartal- EPS-Wachstum. Das Gewinnwachstum von jedem der vergangenen vier Quartale muss mindestens die Hälfte des Langzeit-Gewinnwachstums betragen.
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Langzeit- EPS-Wachstum. Dieses muss mindestens 15% betragen, am besten jedoch mehr als 30%.
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EPS Beschleunigung. Das EPS-Wachstum zwischen dem aktuellen Quartal und dem korrespondierenden Quartal vor einem Jahr muss grösser sein, als das durchschnittliche EPS-Wachstum der vorausgehenden Quartale verglichen mit den korrespondierenden Quartalen des Jahres davor.
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EPS-Beschleunigung. Gleichzeitig muss das EPS-Wachstum zwischen dem jetzigen Quartal und dem korrespondierenden Quartal im vorherigen Jahr grösser sein als das historische EPS-Wachstum.
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Verschuldungsgrad. Dieser darf nicht grösser sein als der Industriedurchschnitt.
- Insiderhandel. Wenn Insider in den vergangenen drei Monaten dreimal oder öfter eigene Aktien angekauft haben während niemand Aktien verkauft hat, ist dies deutlich positiv. Das Entgegengesetzte (dreimal oder häufiger Insiderverkäufe und keine -ankäufe) ist ein Kriterium dafür, die Aktie nicht anzuschaffen.
Performance von Zweig
Im Zeitraum von 1976 bis 1995 verbuchte er eine durchschnittliche Rendite von 25% im Jahr. Umgerechnet kommen wir so auf eine beeindruckende Gesamtrendite von 6.793%. Hierbei ist auffällig, dass er diese Rendite mit einer Volatilität erzielte, die unter der des allgemeine Marktes lag. Drei Tage vor dem Schwarzen Montag im Jahr 1987 sagte er bei einem TV-Auftritt, dass er sich sehr um die Börse sorge. Glücklicherweise folgten seinen Worten auch Taten, sodass sein Portfolio am Tag des Crashes um 9% stieg.
Für Zweigs jüngste Leistungen können wir uns der Performance seines Hedgefonds Zweig Dimenna Partners zuwenden. Zwischen 2006 und 2010 erzielte dieser Hedgefonds eine Rendite von 90%. Dieser Score wurde vor allem 2006 und 2007 eingeholt. 2008 erlitt der Hedgefonds einen Verlust von 6%; damit schnitt er jedoch noch deutlich besser ab als der allgemeine Markt. Das Jahr darauf profitierte Zweig allerdings nicht von der enormen Wiederherstellung und sein Hedgefonds verbuchte einen Verlust von 3,5%. 2010 standen die Zähler bei Minus 3%. In den Jahren 2010 und 2011 gab es keine Wiederherstellung des Ergebnisses und wir beobachteten das Entstehen einer negativen Rendite von jeweils -5% und -3%. Diese Performance ist vor allem dem Fonds-Aufbau zuzuschreiben, denn Zweig Dimenna Partners halten sowohl langfristig als auch kurzfristig an unterschiedlichen Aktien fest. Das sorgt für einen weniger starken Rückgang beim Bärenmarkt, kann aber auch der Performance schaden, wenn der Markt nach oben geht.
Es scheint auf jeden Fall so, als hätte Zweig in den Jahren 2010 bis 2012 etwas weniger Fingerspitzengefühl gehabt. Womöglich galt zu diesem Zeitpunkt, als er die 70 überschritten hatte, ein wenig mehr „work a bit less and play a bit harder“. Tatsache bleibt, dass er zurecht ein Superinvestor genannt werden kann; und folgt man seinen Kriterien, kann man die Börse langfristig gesehen sehr wahrscheinlich mit Abstand schlagen.