Ausgewählte Trader beantworten unseren standardisierten Fragebogen. Die Vergleichbarkeit der Fragen und die Unterschiedlichkeit oder eben die Ähnlichkeit der Antworten zeichnen dieses Interviewkonzept aus. Heute antwortet uns der Berufstrader, LYNX Optionen-Experte und Chefredakteur des GeVestor Börsendienstes „Optionen-Stratege“ Eric Ludwig.
Guten Tag Herr Ludwig, die LYNX Broker-Redaktion freut sich sehr, dass Sie sich Zeit für ein Interview mit uns nehmen. Vielleicht können Sie sich uns zu Beginn ein wenig vorstellen und uns erzählen wann und wie Sie auf die Börse gekommen sind?
Ich bin ein 42-jähriger französischer leidenschaftlicher Börsianer. Ich komme allerdings ursprünglich nicht aus der Finanzindustrie. Ich bin Ingenieur und habe mir mit unbegrenztem Interesse und Begeisterung meine Kenntnisse über die Märkte selbst angeeignet. Ich habe vor ca. 15 Jahren ein Buch zum Thema „finanzielle Freiheit“ gelesen, wodurch mir klar wurde, dass jeder normale Mensch dieses Ziel mithilfe der Börse erreichen kann. Das war mein Einstieg in die Börsenwelt und seitdem konnte ich nie wieder die Finger davon lassen.
Jeder erfolgreiche Trader oder Anleger hat zu Beginn seiner Laufbahn als „Lehrgeld“ mindestens ein, wenn nicht gar mehrere Konten „platt“ gemacht, so hört man immer wieder. Können Sie auch auf schmerzhafte Niederlagen zurückblicken und was haben Sie daraus gelernt?
Die grössten Niederlagen entstanden, als ich mich von meinen Emotionen im Handel habe verleiten lassen. Zum Glück blieb immer genug Kapital übrig, um handelsfähig zu bleiben. Das Thema „Psychologie des Anlegers“ war lange für mich ein lästiges und langweiliges Thema. Ich interessierte mich nur für Strategien und Indikatoren. Als ich irgendwann begriff, dass die eigene Psychologie und die eigene Kontrolle über meine Emotionen das A und O im Handel waren, begann ich, kein Geld mehr zu verlieren.
Gab es ausser Verlusten noch andere Schwierigkeiten (z.B. psychologisch, zu wenig Startkapital…) die Sie schliesslich meistern konnten?
Zeit zu finden, um das Wissen zu erlangen, um an der Börse erfolgreich zu sein, gehörte zu den Anfangs-Schwierigkeiten. Da ich, wie viele Privat-Anleger, hauptberuflich in einem Unternehmen Vollzeit tätig war, waren die Stunden, die ich meinem Hobby widmen konnte, rar und kostbar. Dadurch, dass wir in unserem Bildungssystem so gut wie nichts darüber lernen, wie wir erfolgreich an der Börse anlegen können, ging zuerst viel Zeit darauf, das entsprechende Know-How zu gewinnen.
Was glauben Sie, warum sind Sie als Trader erfolgreich in diesem Geschäft geworden und haben letztendlich den Durchbruch geschafft, während viele andere letztlich scheitern?
Wie schon erwähnt, Erkenntnisse über die eigenen Emotionen und die Kontrolle darüber waren für mich einen Durchbruch. Die Motivation, meine Anlagen selbst in die Hand zu nehmen anstatt sie fremden Leuten anzuvertrauen, war ebenfalls ein grosser Schritt Richtung Erfolg. Verantwortung für die Ergebnisse, ob gut oder schlecht, zu übernehmen, unterscheidet auch den professionellen Anleger von denjenigen, die die Schuld für Ihre Fehler auf andere schieben.
Haben Ihnen Vorbilder oder Mentoren geholfen ihren Weg zu finden?
Ich würde an dieser Stelle Tom Sosnoff erwähnen. Ich durfte einmal den Gründer von Tastytrade in seinen Büros in Chicago treffen. Ich habe durch ihn viele gute Trading-Methoden gelernt. Aber andere Vorbilder in meinem Privatleben haben mir geholfen, innere Stärken zu erkennen und aufzubauen, die für den Erfolg an der Börse noch wichtiger sind als die richtigen Strategien.
Mit welchem bekannten Trader oder Investmentlegende würden Sie denn gerne einmal einen Kaffee trinken?
Ich würde gerne mit Steve Eisman sprechen, der die Auslöser für die Finanzkrise richtig erkannte. Seine Geschichte wird im Film „The Big Short“ erzählt, den ich jedem empfehlen kann, der sich für Börse interessiert.
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus, halten Sie sich strikt an einen speziellen Tradingplan oder führen ein Trading-Tagebuch?
Ich habe schon eine tägliche und eine wöchentliche Routine. Ich verfolge ein dutzend Indikatoren jeden Tag, andere einmal pro Woche. Vormittags verbringe ich viel Zeit mit Recherchen und mit Schreiben. Nachmittags, so gegen 14:00 Uhr, suche ich nach möglichen Trades, die für den Tag in Frage kommen könnten. Da ich fast ausschliesslich an der amerikanischen Börse handle, wird es ab 15:30 Uhr für mich interessant. Neben der Überwachung der laufenden Positionen, platziere ich in der Regel meine neuen Trades entweder 1 Stunde nach Börsen-Eröffnung (also ab 16:30 Uhr), oder Richtung Börsen-Schluss um 22:00 Uhr.
Das soziale Umfeld von Arbeitskollegen oder Kunden fehlt bei den meisten Berufs-Tradern. Viele sind deshalb auch in sozialen Netzwerken unterwegs um sich mit Trader-Kollegen auszutauschen. Sehen Sie sich als beruflichen „Lone Wolf“ bzw. wie gehen Sie mit diesem Thema um?
Ich sehe mich schon ein wenig als Einzelgänger. Kaum jemand in meinem privaten Umfeld interessiert sich für die Börse, geschweige denn für Optionen, die mein Steckenpferd sind. Ich glaube, dass sich jeder Trader einen Freund wünscht, mit dem er Trading-Ideen austauschen könnte. Im beruflichen Umfeld bin ich aber tatsächlich in Kontakt mit einigen Gleichgesinnten. Auch mit Tradern in den USA tausche ich mich sporadisch aus.
Was bedeute Ihnen Trading bzw. eigenständiges Anlegen und was ist für Sie das schönste daran?
Mit Trading wird man für seine Leistung belohnt. Nicht für die Zeit, die man im Büro verbringt, sondern für das, was intellektuell geleistet wurde. Das finde ich reizend. Und natürlich die Freiheit, die daraus entsteht, wenn man seinen Tag nach seinen Wünschen gestalten kann, ohne seinem Chef Rede und Antwort stehen zu müssen. Man ist sein eigener Chef und sein eigener Mitarbeiter zugleich. Das befreit einen nicht von der Verantwortung, seinen Job richtig zu machen, aber es ist ein tolles Gefühl.
Was würden Sie denn beruflich machen, wenn das mit dem Trading nicht geklappt hätte?
Ich bin Maschinenbau-Ingenieur und habe immer noch einen Fuss in der Industrie. Ich habe mehr als 15 Jahre Erfahrung als Projekt Manager in der Luftfahrt, wohin ich zurückkehren würde.
Ist Ihnen mal ein aussergewöhnlicher Trade gelungen an den Sie gerne zurückdenken?
Es fällt mir schwer, mich spezifisch an einen aussergewöhnlichen Trade zu erinnern. Alle meine Trades laufen sehr systematisch und bringen einen regelmässigen festen Betrag, ohne dass es ein Ausreisser gibt. Zuletzt habe ich kettenweise, fast alle 10 Tage und 5 oder 6 mal in Folge Gewinne mit Short Puts auf Boeing gemacht. Das hat Spass gemacht und es kommt nicht so oft vor, dass man mit einer einzigen Aktie eine Gewinnwelle so lange reiten kann.
Jeder Trader oder Anleger braucht einen individuell passenden Handels-Stil basierend auf Techniken, Märkten und Zeitrahmen. Wie sieht Ihr Stil aus, nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie Ihre Trades aus?
Ich peile immer kleine, dafür regelmässige Gewinne an. Ich nehme die Gewinne auch früh mit und halte so gut wie nie langlaufende Positionen. Verlust-Positionen manage ich so, dass die Verluste minimalistisch ausfallen oder über die Zeit sogar in Gewinner gedreht werden können. Mein ganzer Handel dreht sich inzwischen ausschliesslich um Optionen. Die Basiswerte, die ich zum Handel auswähle, selektiere ich nach Volatilitäts-Kriterien und setze gerne auf Basiswerte, die sich in schwächeren Markt-Phasen gut behaupten. Ansonsten bin ich ein überzeugter „Short-Volatilität“-Trader, da in diesem Bereich die grösste Berechenbarkeit herrscht.
Meinen persönlichen Handels-Stil setze ich als Trader in meinem Service Planet Options um.
Welche Wünsche und Ziele haben Sie als Trader/Anleger und im privaten Bereich?
Es wird vielleicht überraschend klingen, aber als Trader setze ich mir kein Ziel. Ich nehme, was der Markt bereit ist, mir zu geben. Manchmal ist es mehr, als was ich mir erhofft habe, manchmal weniger. Viele Trader scheitern daran, dass sie verbissen einen festen gezielten Geldbetrag jeden Monat an der Börse verdienen wollen, und gehen dadurch zu hohe Risiken ein. Im privaten Bereich folge ich dem Ziel, immer genug Zeit neben der Arbeit zu finden, für meine Familie und für mich.
Welche Hobbies begeistern Sie, d.h. wie verbringen Sie tradingfreie Tage am liebsten?
Da ich der Vater eines 5-jährigen Sohns bin und da bei uns zu Hause noch ein ganz junger Basset herumtobt, ist meine Freizeit in der Regel schon sehr gefüllt. Ich spaziere gerne mit der Familie durch Hamburg und wenn das Wetter nicht mitspielt, greife ich gerne zu einem Buch. Es muss nicht immer ein Buch über Börse sein. Ich mag Science-Fiction und Thriller. Meine Frau und ich schauen auch gerne ab und zu Serien, aktuell die amerikanische Serie „Billions“. Und hier schliesst sich wieder der Kreis: In „Billions“ geht es um das bewegte Leben eines Hedgefonds-Managers und seines Trader-Teams…
Welche Tipps geben Sie unerfahreneren Kollegen oder Lesern mit auf den Weg?
Es gibt so viele Tipps und so viele Ratschläge, die für den Börsen-Handel wichtig sind. Ich würde zuerst empfehlen, viel Zeit in Lernen zu investieren, bevor Sie echtes Geld anlegen. Und unbedingt an sich selbst arbeiten, um sich von der Gier zu befreien, mithilfe der Börse schnell reich zu werden. Börse sollte für Sie immer eine seriöse, beinahe langweilige Beschäftigung sein. Wenn Sie Nervenkitzel suchen, haben Sie an der Börse nichts verloren. Gehen Sie lieber ins Casino.
Herr Ludwig, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
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