ETNs und ETCs mit Emittentenrisiko
Oftmals werden auch die ähnlich klingenden Exchange Traded Notes (ETNs) oder Exchange Traded Commodities (ETCs) fälschlicherweise ebenfalls als ETFs bezeichnet oder verstanden. Bei diesen Anlageprodukten, die z.B. auf Aktienindizes, Futures (ETNs) oder auf Rohstoffe (ETCs) begeben werden, handelt es sich allerdings nicht wie bei ETFs um Anteile an einem Sondervermögen, sondern um reine Schuldverschreibungen.
ETCs sind in der EU auch deshalb sehr verbreitet, da ETFs hier ein Mindestmass an Diversifizierung aufweisen müssen und beispielsweise auch keine physischen Rohstoffe halten dürfen. Im Gegensatz zu den USA müssen Gold- oder Silber-ETFs wie in den USA sind daher in der EU nicht möglich. Obwohl Name Exchange Traded Commodities, zu Deutsch „börsengehandelte Rohstoffe“ vermuten lässt, dass es sich um Direktinvestments in Rohstoffe handelt, ist dies keinesfalls so. Der Name ist irreführend, denn ETCs ähneln wie ETNs eher Zertifikaten als ETFs und beide Produkte weisen im Gegensatz zu börsennotierten Fonds ein Emittentenrisiko auf. Das bedeutet, dass Anleger im Falle einer Insolvenz des Anbieters nicht geschützt sind und die vom ETN bzw. ETC eingesammelten Gelder in die Insolvenzmasse einfliessen.
Vorteil von ETCs gegenüber ETNs: Meistens „freiwillige“ Absicherungen vorhanden
Während ETNs meist unbesichert sind, schaffen die meisten Emittenten von ETCs jedoch zusätzliche Absicherungen um Anlegergelder vergleichbar zu einem ETF abzusichern. Auf diese Weise können mehr Investoren angesprochen werden, denn spätestens seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers während der Finanzkrise im Jahr 2008 ist Anlegern das Emittentenrisiko für Schuldverschreibungen ein Begriff.
Einige ETCs wie Edelmetall-ETCs werden vom Emittenten physisch besichert d.h. die zugrundeliegenden Rohstoffe wie Gold, Silber, Palladium oder Platin werden gekauft und treuhänderisch in Tresoren gelagert. Wenn diese physisch besicherten ETCs von renommierten, also vertrauenswürdigen Fondsgesellschaften ausgegeben werden, so kann von einem beschränkten Risiko ausgegangen werden. Anleger sollten jedoch unbedingt darauf achten, dass eine direkte Besicherung auch in den Statuten des Wertpapierprospekts festgehalten ist und die als Sicherheit hinterlegten Rohstoffe auch im Insolvenzfall ausschliesslich zur Absicherung des ETC-Vermögens dienen. Sind Sicherheiten jedoch nicht im Wertpapierprospekt erwähnt, so ist im Zweifel eher von einem „Marketingversprechen“ auszugehen, das auf „freiwilliger Basis“ nur gilt so lange der Anbieter ohnehin zahlungsfähig ist. Eine solche Absicherung ist natürlich nichts wert.
Bei einigen Anbietern werden die ETCs durch Versicherungen oder Swap-Partner abgesichert. Als Swap-Partner kommen bei ETCs beispielsweise auch grosse Rohstoffproduzenten in Frage. Diese sichern sich auf diese Weise das aktuelle Preisniveau für zukünftige Produktionsmengen, denn Preisrückgängen gibt es einen finanziellen Ausgleich durch den ETC. Auch Bareinlagen bzw. Wertpapiere mit guter Bonität dienen in einigen Fällen als Sicherheit für ETCs.
Volles Kontrahentenrisiko bei Swap basierten ETCs
Sind Versicherungen oder Swap-Partner für die Absicherung des ETCs verantwortlich, so besteht neben dem weiterhin vorhandenen Emittentenrisiko auch noch das bei Swaps übliche Kontrahentenrisiko. Dieses kam beispielsweise zum Tragen, als der damals weltgrosse US-Versicherungskonzern American International Group (AIG) im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 trotz erstklassiger Bonitätsbewertung ins Trudeln geriet. Über 100 ETCs des Anbieters ETF Securities, die durch den Swap-Partner AIG abgesichert wurden verloren vorübergehend stark an Wert und bescherten den Verkäufern damit hohe Verluste. Nur ein 85-Mrd. USD schwerer Rettungsplan der US-Regierung rettete die Investments der verbliebenen ETC-Investoren. Diese wurden so auch vor einem Totalverlust bewahrt, der ansonsten wohl unausweichlich gewesen wäre.