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Am US-Aktienmarkt setzt man auf eine recht fragwürdige Kombination aus doch nicht so starkem Rezessionsrisiko und zugleich kräftigen Zinssenkungen der US-Notenbank, trotz noch zu hoher Inflation. Auffällig ist, dass man am US-Anleihemarkt nicht recht mitzieht.
Anfang August, als Reaktion auf schwache US-Arbeitsmarktdaten und einen schlechter als erwartet ausgefallenen Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes, wurde an den Börsen das Bild einer schnell und tief in die Rezession kippenden US-Wirtschaft gezeichnet. Ein zwar mögliches, aber in diesem Moment völlig überzogenes Bild, denn die US-Arbeitsmarktdaten waren alles, nur nicht dramatisch, die gestiegene Arbeitslosenrate liegt immer noch innerhalb des Terrains, das von den Volkswirten als Vollbeschäftigung eingestuft wird (< 4,5 Prozent). Zudem gab es davor schon seit Monaten Indizien, dass die hohen US-Zinsen langsam doch noch ihre Wirkung beim Konsum entfalten.
Trotzdem wurde umgehend ein Szenario herumgereicht, in dem die US-Notenbank die Leitzinsen viel schneller und weiter als bisher erwartet senken werde. Doch da passt so einiges nicht zusammen, wenn man das am Aktienmarkt als dermassen bullisch einordnet, dass man umgehend wieder an und idealerweise über die bisherigen Rekordhochs der grossen US-Indizes laufen müsse, denn:
Erstens wird jetzt, bei rasant steigenden Aktienmärkten, auf einmal behauptet, die Rezessionssorge sei überzogen gewesen. Doch zugleich gibt es nur ganz wenige Konjunkturdaten, die das unterfüttern würden, so z.B. der US-Einzelhandelsumsatz im Juli, aber viele, die weiter für ein gestiegenes Rezessionsrisiko sprechen.
Zweitens lagen die letzte Woche veröffentlichten US-Verbraucherpreise mit 2,9 Prozent in der Gesamt- und 3,2 Prozent in der Kernrate zum einen im Rahmen der Prognosen und zum anderen für rasante Zinssenkungen weiter zu hoch.
Drittens hat die US-Notenbank von Anfang an klargemacht, dass stärkerer Druck auf die Wirtschaft durch höhere Zinsen zwar nicht erfreulich, aber ggf. eben hinzunehmen sei, weil die Preisstabilität Vorrang vor dem Wachstum habe.
Viertens würden erste Zinssenkungen die Konjunktur und damit die Unternehmensgewinne nicht umgehend befeuern, sondern tendenziell zunächst drücken, weil dann, wer kann, auf weitere Zinssenkungen und wirklich billigere Kredite warten würde.
Und fünftens wäre da noch der Punkt, dass vor der nächsten US-Notenbankentscheidung am 18. September noch die Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten für den August stehen. Und die Notenbanker immer wieder betonen, dass man einzelne Konjunkturdaten nicht überbewerten darf, sondern einen Trend sehen muss. Und mehr noch:
Expertenmeinung: Aktuell setzt man als Grundlage der Aktienmarkt-Hausse darauf, dass es trotz angeblich doch geringem Rezessionsrisiko und zu hoher Inflationsrate zu kräftigen und umgehenden Zinssenkungen kommen wird.
Das wirkt höchst irrational. Aber irrationale Impulse sind am Aktienmarkt nicht unbedingt selten. Weit seltener sind sie indes am US-Anleihemarkt, wo ein weit grösserer Anteil der Marktteilnehmer fundiertes Fachwissen und viel Erfahrung hat. Daher lohnt in Bezug auf die Frage, wie solide der Sockel der Aktien-Rallye ist, immer ein Querblick auf die US-Bondmärkte. Und da sehen wir:
Die Kurse für US-Staatsanleihen (US T-Bonds) mit einer Laufzeit von zwei Jahren, hier abgebildet durch den Future mit Laufzeitende September, sind Anfang August zwar kräftig gestiegen. Das bedeutet, die Rendite, also die Verzinsung, solcher Anleihen ist gesunken, man preist hier also durchaus ein bald niedriger als gedachtes Leitzinsniveau ein. Aber dieser Anstieg wurde in der Widerstandszone, die sich zwischen Dezember 2023 und Anfang Februar 2024 gebildet hat, abgewiesen. Seither haben die Kurse dieser „Zweijährigen“ etwa die Hälfte des Anstiegs von Anfang August wieder zurückgenommen, was bedeutet:
Hier geht man davon aus, dass die US-Notenbank jetzt keine zwingende Notenwendigkeit hat, die Leitzinsen rasant und weit zu senken. Wozu auch, denn die eingangs angeführten Faktoren zeigen, dass das Wachstum jetzt zwar gebremst ist, aber nicht wegbricht und die Inflation zudem noch nicht besiegt ist.
Je nachdem, wie Notenbank-Chef Powells Aussagen beim Ende der Woche laufenden Notenbanker-Treffen in Jackson Hole ausfallen und was man morgen Abend im Protokoll der jüngsten Notenbanksitzung vorfindet, kann es sogar sein, dass der Kurs noch weiter nachgibt, d.h. noch mehr kurzfristiges Zinssenkungspotenzial auspreist. Und spätestens, wenn das passiert, stünden die Bullen am Aktienmarkt, die schnell und weit sinkende Leitzinsen als Argument für die laufende Rallye nutzen, auf einer Leiter ohne Sprossen. Behalten Sie die US-Anleihekurse und Anleiherenditen im Auge!
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