In meinen ersten drei Blogs habe ich den E-mini S&P 500 Future (ES), den Euro Stoxx 50 (ESTX50) sowie den Bund Future (GBL) vorgestellt. Der ES und ESTX50 sind die liquidesten Index-Futures von Europa und den USA. Der Basiswert des Bund-Future sind 10-jährige Bundesanleihen. Um meine Top 5 Futures zu vervollständigen, fehlen noch zwei auf der Liste. Heute werfen wir einen Blick auf den Rohstoffmarkt, wo der Öl-Future mein Favorit ist. Von den verschiedenen Ölarten sind Light Sweet Crude Oil und Brent Crude die meistgehandelten Sorten.
Warum man den Light Sweet Crude Oil Future handeln sollte (Videozusammenfassung)
Light Sweet Crude Oil Future (CL)
Der liquideste Future-Kontrakt auf dem US-Rohstoffmarkt ist Light Sweet Crude Oil. Dieser Future wird seit 1983 an der New York Mercantile Exchange (NYMEX) gehandelt. Die NYMEX ist eine Rohstoffbörse und Teil der Chicago Mercantile Exchange (CME). An der NYMEX wird eine grosse Anzahl an Futures elektronisch gehandelt, darunter Öl und Gas. Vom Öl-Future (CL) werden täglich durchschnittlich 200.000 Kontrakte gehandelt. Light Sweet Crude Oil ist eine Sorte von West Texas Intermediate (WTI), der im Allgemeinen als der repräsentative Öl-Preis angegeben wird.
Für einen weniger erfahrenen Anleger ist es sicher nicht einfach, zwischen den verschiedenen Arten von Öl-Futures zu unterscheiden. Der grundsätzliche Unterschied zwischen Light Sweet Crude Oil und Brent Crude besteht in der Herkunft des Öls. Light Sweet Crude Oil wird in Amerika gefördert, Brent Crude kommt aus verschiedenen Ölfeldern u.a. in der Nordsee. Bei der Preisentwicklung beider Futures gibt es eine starke Korrelation, jedoch kam es in vergangenen Jahren immer mal wieder vor, dass der Brent-Preis mehr als 10 US-Dollar über dem Preis von Crude Oil lag. Derartige Preisunterschiede werden u.a. durch Angebot und Nachfrage verursacht oder auch durch Kosten für die Lagerung und Verschiffung von Öl.
Am besten zugängliche für Anleger ist der Light Sweet Crude Oil Future (CL) an der NYMEX. Über LYNX können Sie Echtzeit-Kursdaten für diese Börse buchen, indem Sie das US Value Bundle abonnieren. Dieses Paket kostet 10 US-Dollar im Monat und kann sogar kostenfrei sein, wenn Ihre monatlichen Kommissionen einen Wert von 30 US-Dollar übersteigen.
Open Outcry
Die Basis für den Future-Handel wurde auf den Parketten von Chicago und New York geschaffen. Beim Öl-Future, der seit 1983 an der NYMEX gehandelt wird, war das ganz ähnlich. Mit dem Open Outcry-System ist der Future-Handel gewachsen, wobei im letzten Jahrzehnt eine Verschiebung in Richtung elektronischem Handel stattgefunden hat. Die Zeit, in der Händler ihre Orders via Handzeichen mitteilen oder in der Broker Orders über Telefon an die Börse weitergeben, gehört mittlerweile quasi der Vergangenheit an. Noch wird der Öl-Future auf dem Parkett gehandelt, doch das Ende des Parkett-Handels naht. Die über das Parkett abgewickelten Volumina sind im Laufe der Zeit auf einen Bruchteil des gesamten Handelsvolumens zurückgegangen.
Kontraktspezifikationen
Bevor sich ein Anleger auf einen neuen Markt begibt, sollte er sich immer genau mit den Kontraktspezifikationen der Produkte auseinandersetzen, welche durch einen Doppelklick auf die Wertpapierzeile in der Handelsplattform von LYNX ersichtlich sind. Beim Öl-Future gibt es zum Beispiel ein paar mehr Stolperfallen als bei einem Index-Future.
Zunächst einmal ist der Multiplikator des Kontrakts recht gross. Beim CL liegt dieser bei 1.000, was bedeutet, dass 1 Future-Kontrakt den Wert von 1.000 Barrel Öl repräsentiert. Jeder Punkt hat einen Wert von 1.000 US-Dollar und die Tick-Grösse beträgt 0,01. Der Tick-Wert ist damit 10 US-Dollar, wobei LYNX Transaktionskosten in Höhe von 4,00 US-Dollar pro Future-Kontrakt berechnet. Ein einziger Tick reicht also aus, um eine Position nach Abzug der Transaktionskosten mit Gewinn zu schliessen.
Das Verfallsdatum des Future ist ebenfalls von Bedeutung. Index-Futures verfallen normalerweise am dritten Freitag des jeweiligen Verfallmonats. Bei Öl-Futures liegt der Verfall um den zwanzigsten eines Monats. Ausserdem gibt es immer einen Unterschied zwischen Kontraktmonat und Verfallmonat. Ein Juli-Future verfällt beispielsweise im Juni. Die Erfüllung erfolgt durch physische Lieferung. Diese ist über LYNX nicht möglich – daher müssen Sie keine Sorgen haben, dass Sie nach dem Verfall der Kontrakte 1.000 Barrel Öl liefern bzw. abnehmen müssen. Sofern Sie vor dem Verfall noch offene Positionen haben, werden diese über LYNX rechtzeitig und automatisch geschlossen.
Die Margin-Anforderungen zum Eingehen einer Position im CL betragen momentan Intraday 2961 US-Dollar. Angesichts der aktuell hohen Volatilität im Öl-Future ist dies relativ gering. Die Intraday-Margin-Anforderungen kommen also einer Bewegung von knapp 3 US-Dollar gleich. Intraday bedeutet, dass dieser Marginsatz in der Zeit von 15 Uhr bis 20.30 Uhr MEZ fällig wird. Diese Zeiten stammen noch aus der Open Outcry-Periode, bei der der Parketthandel um 20.30 Uhr geschlossen wurde. Wenn Sie eine Future-Position über Nacht halten wollen (d.h. ausserhalb der genannten Zeiten), dann sind die jeweiligen Margin-Anforderungen doppelt so hoch wie Intraday.
Die verfügbaren Handelszeiten sind sehr lang: der Handel beginnt um 0 Uhr am Montagmorgen und läuft bis Freitag durch, mit einer kurzen nächtlichen Unterbrechung jeweils von 23.15 Uhr bis 0 Uhr. Daraus ergibt sich der grosse Vorteil, dass Sie fast durchgängig Ihre offenen Positionen verwalten und anpassen können. Am wichtigsten ist, dass Ihre Position beispielsweise durch Stop-Orders kontinuierlich geschützt werden können. Sollte über Nacht ein unvorhergesehenes Ereignis eintreten, dann sind Ihre Verluste dank der Stop-Order trotzdem begrenzt.
Spread-Positionen
Eine der vielen Handelsmöglichkeiten auf den Öl-Märkten ist das Arbeiten mit Spread-Positionen. Hiermit ist lediglich gemeint, dass ein Händler beispielsweise einen August-Kontrakt kauft und gleichzeitig einen Dezember-Kontrakt verkauft. Somit kann auf einen in der kurzen Frist stärker als in der langen Frist steigenden Öl-Preis spekuliert werden. Der Vorteil bei dieser Art von Strategie ist eine aufgrund der starken Korrelation zwischen den verschiedenen Laufzeiten verminderte Margin-Anforderung. Zugegeben: es handelt sich hierbei schon um Expertenwissen – aber es kann sicher nicht schaden, auch einen Blick auf solche Strategien zu werfen. Contango und Backwardation sind Begriffe, die in den vergangenen Jahren das eine oder andere Mal in den Finanznachrichten gefallen sind, wodurch der Handel von Spread-Positionen ein wenig an Popularität gewonnen hat.
In Ihrer Handelsplattform gibt es ein Trading Tool namens „Spread Trader“, der mögliche Spread-Positionen zwischen verschiedenen Verfallmonaten übersichtlich darstellt. Wenn Sie sich entschliessen, verschiedene Verfallmonate gegeneinander zu handeln, ist es ratsam, dies über Spreads zu tun, denn nur so erhalten Sie die Preisunterschiede in Form von Bid- und Ask-Preisen für die Spread-Kombinationen.
News
Die Preisentwicklungen im Öl-Future werden vor allem von den Transaktionen grosser Spekulanten beeinflusst. Neben dem Future-Handel finden hinter den Kulissen ausserdem die physischen Transaktionen statt. Für Aussenstehende ist dies ein recht undurchsichtiger Markt, weshalb es auch manchmal schwierig sein kann, gewisse Preisentwicklungen nachzuvollziehen.
Auch Nachrichten haben selbstverständlich starke Auswirkungen auf den Öl-Preis. Händler halten daher beispielsweise die Entwicklungen im Nahen Osten, wo einige der grössten Öl-Produzenten der Welt ansässig sind, genau im Blick. Darüber hinaus ist der Öl-Preis nicht vergleichbar mit einem Aktienkurs: es gibt keine Dividendenzahlungen oder sonstige Ausschüttungen und Gewinnkennzahlen o.Ä. lassen sich nicht berechnen. Der Preis von Öl wird ausschliesslich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Da in den letzten Jahren die Exploration von Öl in Amerika stark zugenommen hat, kam es zu einem Überangebot auf dem Markt, wodurch der Öl-Preis in der Folge immens gesunken ist. Ausserdem spielt die OPEC auf internationaler Bühne immer noch eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Öl-Preises.
All das zusammengenommen macht den CL zu einem Future, der – insbesondere für eine bestimmte Gruppe von Händlern – sehr interessant sein kann. Ich selbst handle diesen Future nur aus einer rein technischen Sichtweise. Wie ich bereits sagte: es ist extrem schwierig einzusehen, was tatsächlich hinter den Kulissen passiert und den Wert von Öl bestimmt. Mitunter gibt es grosse Kursausschläge, die zu starken Abwärts- oder Aufwärtstrends führen können. Für einen Future-Trader ergeben sich gerade hier viele Chancen für kurzfristige Spekulationen und Daytrading.
In meinem nächsten Blog werde ich dann näher auf den DAX Future eingehen, welcher unter Futures-Händlern sehr populär ist.